Acht Nonnen, davon vier Bhikkhunis, verbringen dieses Jahr gemeinsam die Regenzeit in der Anenja Vihara. Da eine komplette Sangha gemeinsam die Regenzeit verbracht hat, darf am Ende der Regenzeit Robenstoff entgegengenommen werden.
Dieser sogenannte Kathinastoff soll gleichentags zu einer Unterrobe verarbeitet werden.
Traditionell nutzen Laien diese Gelegenheit, um der Sangha ein Dana zu überreichen. Diese Spendenzeremonie findet am Sonntag, den 27. Oktober in der Anenja Vihara statt und wir freuen uns, wenn ihr diesen speziellen Tag mit uns teilt.
Was aber ist Kathina? Warum muss gleichentags eine Unterrobe genäht werden? Was ist die Regenzeit, die gemeinsam verbracht wird? Und was ist Dana?
Kathina ist eigentlich einfach nur der Name eines Monats. Da sich der altindischen Kalender nach den Mondzyklen richtet, lassen sich die Monatsnamen nicht 1:1 auf unseren gregorianischen Sonnenkalender übertragen, da das Mondjahr 13 Zyklen zählt, das Sonnenjahr aber nur 12.
Der Monat Kathina entspricht ungefähr unserem Oktober und beginnt jeweils mit dem Vollmond im Oktober. Was aber hat das mit der Regenzeit und mit Stoffspenden zu tun?
Die Regenzeit, in altindisch „Vassa“, beginnt mit dem Monat Asalha, der mit dem Vollmond im Juli beginnt. Sie dauert 3 Mondmonate und endet mit dem Beginn des Monats Kathina, der wie gesagt mit dem Vollmond im Oktober beginnt. Während der Regenzeit wandern die Ordinierten nicht umher, sondern widmen sich intensiv dem Studium und der Praxis. Nach Ablauf der Regenzeit begeben sich die Ordinierten wieder auf Wanderschaft, bis zur nächsten Regenzeit. Der Grund für diese Klausurzeit ist ganz praktischer Natur: Dies ist die Zeit, in der damals die Reissetzlinge in die Felder ausgepflanzt wurden. Da die Setzlinge in den überfluteten Reisfeldern nicht zu sehen waren, wurden sie von den wandernden Mönchen zertrampelt. Die Laien baten daher darum, dass die Ordinierten in dieser Zeit nicht wandern, um die Reissetzlinge zu schonen.
Als Belohnung dafür, dass 3 Monate gemeinsam an einem Ort intensiv studiert und praktiziert wurde, hat der Buddha verfügt, dass nach dem Ende der Regenzeit unter bestimmten Bedingungen neue Roben gefertigt werden dürfen:
Es muss eine komplette Sangha, bestehend aus mindestens vier Hochordinierten, die gesamte Regenzeit gemeinsam verbracht haben.
Nach der Regenzeit, an der Kathinafeier, näht diese Regenzeitsangha gemeinsam innerhalb eines Tages mindestens ein Robenteil der 3-teiligen Robe. Traditionell ist das die Unterrobe, da sie das kleinste Robenteil und daher am schnellsten genäht ist.
Durch diese gemeinsame Arbeit wurde einerseits das Gemeinschaftsgefühl der Ordinierten gestärkt. Auf der anderen Seite war es eine wunderbare Gelegenheit für die Jüngeren, von den Älteren zu lernen.
Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, darf diese Sangha die folgenden 4 Monate darauf verwenden, Robenstoff zu sammeln und daraus das Robenset zu vervollständigen oder komplett neu zu nähen.
Dafür werden diverse Regeln der Ordinierten ausser Kraft gesetzt:
So dürfen sie Robenstoff länger als 10 Tage aufbewahren.
Es dürfen mehr als vier Ordinierte eine Einladung bei Laien annehmen.
Es darf mehr als eine Einladung pro Tag bei Laien angenommen werden.
Es muss nicht immer die komplette Robe mitgeführt werden.
Durch diese Erleichterungen war es zu Buddhas Zeiten sehr viel leichter, genügend Stoff für eine Robe zu sammeln und diese von Hand zu nähen.
Da die Robenherstellung durch diese Regelungen auf einen bestimmten Zeitraum im Jahr gebündelt wurde, nahmen die Laien der damaligen Zeit die Gelegenheit der Kathinafeier wahr, um den Ordinierten Stoff zu spenden. So konnten diese ihre Roben bei Bedarf neu fertigen, bevor sie wieder monatelang auf Wanderschaft gingen.
Die Laien spendeten jedoch nicht nur Stoff, sondern nutzen die Gelegenheit, mehreren Ordinierten gleichzeitig Dana überreichen zu können, solange sie noch an einem Ort versammelt waren.
In der heutigen Zeit ist die Robenherstellung sehr viel leichter geworden. Es ist nicht mehr so schwierig wie damals, ausreichend Robenstoff zu bekommen. Auch geht es dank Nähmaschinen viel schneller, eine Robe zu nähen. Zudem gibt es in Asien auch fertige Roben zu kaufen, die gerne von Laien gespendet werden.
Trotzdem wird die Tradition beibehalten, dass zum Abschluss der Regenzeit Robenstoff gespendet wird, aus dem eine komplette Sangha zumindest ein Robenteil näht. Auch die Tradition, zur Kathinafeier den Ordinierten Dana zu überreichen, wird bis heute mit Freude von den Laienanhängern weitergeführt. Dies reicht von der Spende von Lebensmitteln über Hygieneprodukte und Produkte des täglichen Bedarfs bis hin zu Großspenden wie zB. Holz für die Kachelöfen.
Dana ist altindisch und bedeutet Gabe, Geschenk, Spende.
Dana, die Praxis des Gebens, ist eine wunderbare Möglichkeit, das eigene Herz von Habgier und Geiz zu reinigen. Man übt, voller Freude und Hingabe andere Menschen zu beschenken. Mit Hilfe der Achtsamkeit kann wahrgenommen werden, ob der Stachel des Neids oder des Geizes einem noch die Freude am Schenken verdirbt. Mitgefühl mit den eigenen, noch vorhandenen Schwächen hilft den Schmerz zu lindern. Die Weisheit, dass alles, was weggegeben wird, um ein Vielfaches auf einen zurückkommt, hilft den Stachel zu entfernen. So sagt der Buddha selbst:
Itivuttaka 26. Dāna Sutta
“Würden die Wesen den Lohn für das Verteilen von Gaben kennen, so wie ich, so würden sie nichts genießen, ohne etwas gegeben zu haben, und es würde der Makel des Geizes nicht ihr Herz umsponnen halten. Selbst den letzten Bissen, den letzten Brocken, würden sie nicht genießen, ohne davon auszuteilen, falls sie einen Empfänger dafür hätten. Da nun aber die Wesen den Lohn für das Austeilen von Gaben nicht so kennen wie ich, deshalb genießen sie auch, ohne etwas gegeben zu haben, und der Makel des Geizes hält ihr Herz umsponnen.
Wenn nur den Wesen wär’ bekannt, so wie’s der große Seher sagt,
der Lohn des Gabenspendens und wie groß die Frucht ist, die das bringt,
sie scheuten Geizes Makel und sie spendeten gar heitren Sinn’s
den Edlen, wenn es an der Zeit, da wo die Frucht am größten ist.
Die reichlich Nahrung spendeten, ein Opfer für die Würdigen,
die Menschenwesen nach dem Tod als Geber gehn zum Himmel ein.
Zum Himmel eingegangen sie erfreuen sich im Wunschgenuß
des Lohns des Gaben-Spendenden, weil sie nicht geizig waren hier.”
So wird Gabe um Gabe das Herz gereinigt, bis ungetrübte Freude erfahren werden kann. Der gesamte buddhistische Weg zur Befreiung vom Leid baut auf dieser Praxis auf. Nur ein Herz, das freimütig geben kann, ist in der Lage, die Tugendregeln einzuhalten:
Ein Herz, das nicht hergeben kann, ist bereit zu töten, um seinen Besitz zu schützen.
Ein Herz, das nicht hergeben kann, ist bereit zu stehlen, was es begehrt.
Ein Herz, das nicht hergeben kann, wird sich rücksichtslos verhalten, um seine sexuellen Wünsche zu befriedigen.
Ein Herz, das nicht hergeben kann, ist bereit zu lügen, um zu bekommen, was es will oder um die eigene Schlechtigkeit zu verbergen.
Ein Herz, das nicht hergeben kann, wird sich mit Alkohol und Drogen betäuben, um den Schmerz darüber nicht spüren zu müssen.
Ein Herz, das nicht hergeben kann, kann nicht meditieren, da es seine Hindernisse und Befleckungen weder akzeptieren noch loslassen kann.
Wie könnte ein Herz, das nicht hergeben kann, sich jemals vom Leid befreien?
So legt die Dana-Praxis das Fundament, um aufbauend auf den Tugendregeln in der Meditation den Geist zu schulen und zu sammeln. Ein geschulter, gesammelter Geist entwickelt Weisheit, wodurch wir uns schlussendlich vom Leid befreien können.